Acht gute Gründe für eine Spornradeinweisung
In den Anfängen der Fliegerei, vor grade mal 100 Jahren waren die Spornradflugzeuge Gang und Gäbe, heute sind Spornradflugzeuge an den Flugplätzen mehr oder weniger von den konventionellen Bugradflugzeugen verdrängt worden.
Auch die Ausbildung neuer Piloten findet heute fast ausschließlich auf konventionellen Flugzeugen statt.
Warum, um Himmels Willen, sollte man sich den Stress einer Spornradeinweisung in der heutigen Zeit noch antun?
1) Zen oder die Kunst die Pedale zu bedienen
Es gibt genau zwei Arten von Spornradfliegern:
Die, die den Ringelpiez noch vor sich haben und jene, die den Ringelpiez schon hinter sich haben.
Bei einem Spornradflugzeug befindet sich der Schwerpunkt hinter dem Hauptfahrwerk, Deine wichtigste Aufgabe beim Rollen ist es, ein seitliches Ausbrechen des Fliegers am Boden bereits im Ansatz zu verhindern.
Das bedeutet in jedem einzelnen Augenblick in dem dein Flugzeug sich am Boden bewegt beherzte aber nicht übertriebene Beinarbeit.
„Be ahead your aircraft“ gilt bei Taildraggern am Boden mehr denn je, Du musst wissen wohin das Flugzeug ausbrechen wird und bereits vorher aktiv dagegen angehen.
Wind?
Aufgrund des hinter dem Hauptfahrwerk liegenden Schwerpunkts spielt der auch Windeinfluss am Boden beim Rollen eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Der Knüppel muss immer in den Wind gehalten werden, denn das Quer und Höhenruder stabilisiert den Geradeauslauf eines Spornradflugzeuges. Es erfordert ein ausgeprägtes Situationsbewusstsein auch nach einer Kurve immer noch zu wissen woher der Wind weht.
Mal rechts mal links?
Das Richtungsänderungen am Boden durch das ans Seitenruder gekoppelte Bugfahrwerk eingeleitet werden müssen ist nicht unbedingt neu, dass man bei einem Spornradflugzeug jedoch eine Kurve beim Rollen auch durch gezielten Pedaleinsatz ausleiten muss, ist für viele Umschüler eine vollkommen neue Erfahrung.
Auch der dosierte Einsatz der linken und rechten Radbremse, zusätzlich zum Seitenruder und dem Spornrad will geübt werden und stellt viele angehende Spornradpiloten vor neue Herausforderungen.
3) Pedal to the metal
Bei einem rechtsdrehenden Propeller wird der Flieger beim Startlauf versuchen nach links auszubrechen, das ist nichts Neues. Jeder Pilot kennt das und kann damit umgehen.
Bei einem Taildragger wird diese Tendenz jedoch verstärkt und der Flieger drängt weit mehr und brutaler nach links als Du es von einem konventionellen Flugzeug gewohnt bist.
Wenn Du beim Startlauf einfach das Gas bis zu Anschlag reinhaust, wie du es von einem konventionellen Flugzeug gewohnt bist, wird der Takeoff Run sehr wahrscheinlich links neben der Bahn ein jähes Ende finden. Auch hier ist, wie bei der Beinarbeit, Feingefühl angesagt.
Es ist ein schmaler Grat den man hier beschreitet, der Moment in dem das Spornrad seine Seitenführungskräfte gänzlich verliert und das Seitenruder anfängt den Vogel auf der Centerline zu halten
4) Seitenwindlandungen – eine neue Herausforderung
Seitenwindlandungen gehören wohl allgemein zu den etwas größeren Herausforderungen, aber in einem Spornradflugzeug wirst Du noch mehr gefordert als Du es von einem konventionellen Flieger gewohnt bist.
Dein Spornrad hat nicht ansatzweise die gleichen Seitenführungseifenschaften wie ein Bugrad, eine gute Mixtur aus koordiniertem Quer- und Seitenrudereinsatz ist hier gefordert.
Zuerst berührt das luvseitige Rad zusammen mit dem Sporndrad die Bahn, dann senkt sich das leeseitige Rad ab. Hier ist Konzentration, Koordination, Finger- und Fußspitzengefühl gefragt.
5) Dreipunktlandungen
Beim konventionellen Flugzeug eher unüblich, und auch gar nicht gerne gesehen.
Beim Taildragger ist das, je nach Windverhältnissen und Baumuster, fast schon eine zwingende Notwendigkeit.
Auch im Bugradflieger bist Du gut beraten in gedachter Dreipunktlange anzufliegen, auf dem Hauptfahrwerk aufzusetzen, das Bugrad kommt dann mangels Auftrieb mit abnehmender Geschwindigkeit von selber runter und die Landung ist mehr oder weniger hier bereits Geschichte.
Wenn Du die Dreipunktlandung im Spornradflugzeug beherrscht, wird dir jede Landung in einem Bugradflugzeug wesentlich leichter fallen.
6) Wenn Du die Wahl hast – Beton oder Gras
Der typische Pilot, der bis jetzt nur auf konventionellen Flugzeugen geflogen ist, wird diese Frage nicht verstehen und auf der asphaltierten Bahn landen.
Spornradpiloten hingegen werden sich überwiegend für den natürlichen Untergrund entscheiden.
Es ist einfacher mit einem Sporn auf Gras zu landen, der Untergrund ist weicher, die Chance bei einer nicht ganz sauberen Landung mit einer Geschwindigkeit nahe Vso zurück die Luft katapultiert zu werden ist geringer und das Flugzeug lässt sich leichter in der Spur halten.
Dauerhaft auf nicht platten asphaltierten Bahnen zu landen ist darüber hinaus der erste Schritt in Richtung „Buschfliegerei“. Es braucht schon eine gewisse Zeit und Erfahrung bis man sich der Vorurteile von nicht befestigen Asphaltpisten entledigt hat.
7) Oldtimer fliegen
Moderne Flugzeuge sind schön, sie sind windschnittig, sie sind gut ausgestattet, sie sind dafür gebaut möglichst komfortabel, schnell und ökonomisch von A nach B zu fliegen.
Aber die Dinger haben in den wenigsten Fällen ein Alleinstellungsmerkmal, sie sind designend wie die aktuelle Autogeneration, bei der man nur bei genauem Hinsehen erkennt ob es sich um eine Oberklasselimousine von BMW, Mercedes, Audi , Honda, Mazda oder Toyota handelt.
Diese modernen Autos und Flugzeuge erscheinen mir wie aus ein und der selben Form gepresst.
Wer jedoch mal das Glück hatte in einem Jaguar E-Type, einem Caterham Super7, einem altem Mini, oder einem Fiat Spider zu fahren, der wird sich schwer tun mit der aktuellen Automobilgeneration.
Die meisten Flugzeuge von denen wir insgeheim träumen DO27, AN-2, Spitfire, Mustang, JU-52, YAK-11, Me-109 oder wie sie auch immer heißen mögen und nahezu alle Kunstflugmaschinen sind Spornradflugzeuge.
Sicherlich sind diese Maschinen nicht dazu gebaut um möglichst komfortabel und schon gar nicht ökonomisch von A nach B zu fliegen.
Diese Flugzeuge sind nur aus einem Grund nach wie vor in der Luft:
Um Glückshormone auszuschütten, nicht nur beim Piloten sondern auch bei den Zuschauern.
8) Aussichten
Die Spornradeinweisung dauert im Normalfall 5 bis 10 Stunden, es ist jedoch eine unglaubliche Erweiterung des fliegerischen Horizonts und Du profitierst in jedem Fall davon.
Also wann geht’s bei Dir los?